Biobibliographie

Biobibliographie, Typoskript, Fragebogen

20.3.1988

Transkription: 

F R A G E B O G E N
für das Archiv der BAYERISCHEN AKADEMIE DER SCHÖNEN KÜNSTE
Name : Dr. Ernst J A N D L                                                                                    
Geburtstag- und Ort : 1. August 1925, Wien                                                     
Familienstand : geschieden                                                                                 
                           verheiratet mit : -----                                                                   
                           Kinder : ------                                                                                   

  L a u f b a h n - auch Lehrtätigkeit - (in Stichworten) :
Geb. 1. August 1925 in Wien. Schulische Ausbildung in Wien:
4 Jahre Volksschule, 8 Jahre Gymnasium (1935-38 Schotten-
gymnasium, 1938-1943 Gymnasium Wien 3, Kundmanngasse 22),
1946-50 Studium Anglistik und Germanistik Universität Wien,
Dissertation "Die Novellen Arthur Schnitzlers" bei Prof. Dr.
Eduard Castle, Promotion zum Dr. phil. 1950. 1950 Summer School
in American Studies, Leopoldskron/Salzburg, bei Prof. Warren-
Beach. 1949/50 Referendarjahr (Probejahr). 1950-79 Lehrer an
Allgemeinbildenden Höheren Schulen in Wien (Deutsch, Englisch),
ab 1979 im Ruhestand. 1952/52 Assistent für Deutsch an East
Barnet Grammar School, England. Herbst 1971 Gastprofessor
University of Texas, Austin. 1969/70 Gast des Berlin-Programms
des DAAD. Seit 1954 Freundschaft mit Friederike Mayröcker.
1984 Frankfurter Poetik-Vorlesungen.

E h r u n g e n  (Titel, Orden, Auszeichnungen, Mitgliedschaften,
                           möglichst mit Datum) :
1968 Hörspielpreis der Kriegsblinden (mit Friederike Mayröcker);
1974 Georg-Trakl-Preis für Lyrik; 1976 Preis der Stadt Wien für
Literatur; 1978 Österreichischer Würdigungspreis; 1980 Mühlheimer
Dramatikerpreis; 1982 Manuskripte-Preis des Landes Steiermark;
1982 Anton-Wildgans-Preis der Österreichischen Industrie; 1984
Großer Österreichischer Staatspreis; 1984 Georg-Büchner-Preis;
1986 Ehrenmedaille der Stadt Wien in Gold; 1987 Kasseler Lite-
raturpreis für grotesken Humor. Akad.d.Künste, Bln; Akad.d.Künste
der DDR; Deutsche Akad.f.Spr.u.Dichtg,Darmst; Bayer.Akad.d.Sch.Künste
W e r k e  (Veröffentlichungen, Ausstellungen, Aufträge, bei Bühnen-
                  werken oder Kompositionen auch Datum der Uraufführung +)
Siehe Bibliographie in Gesammelte Werke, Bd. 3, Luchterhand
Verlag, Darmstdt 1985. Siehe auch beigefügtes Faltblatt
"ernst jandl - luchterhand".

 

+) gegebenenfalls nur Hinweis auf Bibliographie !
Die Beilage eines L i c h t b i l d e s wäre sehr erwünscht !
                                                           Bitte Seite - 2 - beachten !

                               - 2 -

C h a r a k t e r i s i e r u n g des eigenen Schaffens
(siehe Schreiben des Präsidenten) :

In meiner Arbeit dominiert die Lyrik; in ihr scheint die
Unterscheidung zwischen Kunst und Nicht-Kunst am ehesten möglich,
was ein Grund für meine Vorliebe sein mag. Nur Literatur als
Kunst erscheint bei mir bisher für die eigene Produktion erstrebens-
wert, ohne daß ich die gGattungen Roman und Drama deshalb abwerten
wollte. Im poetischen, also der Lyrik wenigstens in  der Sprach-
führung nahestehenden Drama habe ich mich selbst versucht, und die
Kunst der erzählenden ebenso wie der nicht-erzählenden Prosa
genießt meine Aufmerksamkeit und höchste Achtung. Übersichtlichkeit,
als eine notwendige Voraussetzung für Kunst, ließ sich für mich
am ehesten in der Form des Gedichtes erreichen, das mit einer
verhältnismäßig geringen Menge von Material auskommt. Nicht über-
sehen sollte man, daß meine persönlichen Voraussetzungen - zusammen
mit meinen schriftstellerischen Ambitionen - mich zu einem Brotberuf
zwangen, in meinem Fall dem des Lehrers. Nur so würde ich
literarisch verwirklichen können, was meinen Altersgenossen und
solchen, die älter waren als ich, als Wahnwitz erscheinen mochte,
dann tatsächlich erschien und es auch vielen auch heute noch tut. Nur
die Verbindung, Verbündung, mit einer nicht minder "wahnwitzigen"
Jugend (siehe Rock-Musik) schien erstrebenswert, aber wer hätte
dort nach Mezänen gesucht? Heute noch lebe ich, von den älteren
Bürgern meines Landes wenig geachtet, in Österreich, wo ich
ebenso gerne sterben will und begraben sein möchte wie irgendwo
sonst. Weiterhin zerstören Dummköpfe diese Welt, und alle,s, was
ein einzelner Dichter an Aufklärung versuchen kann, wird an der
Mehrheit der Dummköpfe scheitern. Dennoch nicht aufgegeben zu
haben, ist vom Leben her bedingt, dieser mächtigen Kraft in
jedem von uns, die uns festhält, bis wir verschwunden sind.

                                                            Wien, 20.3.1988