Biobibliographie: Biblio-biographische Notiz

Biobibliographie, Typoskript

[1977]

Transkription: 

                                                                                                         für RECLAM, L&L  1
                          Biblio-biographische Notiz

Ernst Jandl lebt in Wien; er wurde dort 1925 geboren. Nach Absol-
vierung des Gymnasiums 1943 zum Militär eingezogen, kehrte er 1946
aus amerikanischer Kriegsgefangenschaft zurück, um an der Wiener
Universität Germanistik und Anglistik zu studieren. Er legte 1949
die Lehramtsprüfung ab und promovierte 1950 mit einer Dissertation
über die Novellen Arthur Schnitzlers zum Dr. phil. Seit 1949 ist 
er als Lehrer an allgemeinbildenden höheren Schulen in Wien tätig.
1952/53 verbrachte er ein Jahr als Deutschlehrer in England, 1964/65
und von 1969 bis 1975 ließ er sich vom Schuldienst beurlauben.
Seit 1952 veröffentlichte er Lyrik und Prosa in Zeitschriften und
Anthologien, 1954 begann seine Freun\d/schaft und literarische Zusammen-
arbeit mit Friederike Mayröcker. 1970/71 verbrachte er ein Jahr hielt er sich als
Gast des DAAD (Berliner Künstlerprogramm) in Berlin auf, unterrichtete
im Herbstsemester 1971 als 'Visiting German Writer' an der Universi-
tät von Texas in Austin und unternahm 1972 im Auftrag des öster-
reichischen Bundesministeriums für Unterricht und Kunst zusammen mit
Friederike Mayröcker eine Vortragsreise durch die U.S.A.
Nach der Veröffentlichung seines ersten Gedichtbuches, Andere Augen,
Wien 1956, wandte er sich der experimentellen und konkreten Dichtung
zu, ohne indes die Beschäftigung mit herkömmlichen Gedichtarten auf-
zugeben. Als erste Einzelpublikationen seiner experimentellen Lyrik
brachten Max Bense und Elisabeth Walther 1964 in der Reihe "rot"
den Titel lange gedichte \heraus,/. Eugen Gomringer im gleichen Jahr den
visuellen Zyklus "klare gerührt" in der Reihe "konkrete poesie"
und Bob Cobbing 1965 in London als Band 11 der\von/ "writers forum poets"
die Auswahl mai hart lieb zapfen eibe hold, ehe sein erster umfang-
reicher experimenteller Gedichtband Laut und Luise 1966 von Otto
F. Walter und Helmut Heißenbüttel in der Reihe der Walter-Drucke
herausgegeben wurde. Diesem Buch von Gedichten vorwiegend aus den
Jahre 1956 bis 1958, das 1971 in einer mittlerweile vergriffenen

                       \und 1976 in RECLAM's Universal-Bibliothek/ 
Taschenbuchausgabe  \/ neu aufgelegt wurde und dessen Spra Sprechgedichte
durch eine Schallplatte gleichen Titels weite Verbreitung fanden,
folgten als weitere experimentelle Gedichtbände sprechblasen (1968),
Der künstliche Baum (1970; 5. Auflage 1975), flöda und der schwan
(1971), übung mit buben (1973), serienfuss (1974), wischen möchten
(1974) und der versteckte hirte (1975). Ernst Jandls zum Teil mit
Friederike Mayröcker gemeinsam verfaßten Hörspiele erschienen 1971
unter dem Titel Fünf Mann Menschen, jenes Hörspiels, für das
Friederike Mayröcker und Ernst Jandl den Hörspielpreis der Kriegs-
blinden erhielten. Einen Überblick über Ernst Jandls Beschäftigung
mit Gedichten herkömmlichen Types Typus bietet sein mit einem Nach-
wort von Hans Mayer versehenes Buch "Dingfest (1973), ferner der
Gedichtzyklus "Alle freut, was alle freut (1975), nach Bildern von
Walter Trier. Proben \aus/ seinesr erzählenderrischen, dramatischen und theoreti-
schen WerkesArbeit enthält \,nebst Lyrik,/ der Sammelband Für alle (1974). X)
Ernst Jandl ist Mitglied der Akademie der Künste Berlin, des
"Forum Stadtpark", Graz, sowie der Grazer Autorenversammlung.
1974 wurde ihm der Georg-Trakl-Preis für Lyrik, 1976 der Preis
der Stadt Wien für Literatur zuerkannt.

 

X) 1976 erschien sein theoretisches Buch Die schöne Kunst des
     Schreibens. Im selben Jahr erfolgte im Rahmen des Steirischen
     Herbstes die Uraufführung seines Einakters Die Humanisten,
     der 1977 vom WDR Köln unter der Regie des Autors auch als
     Hörspiel realisiert wurde.